«Ich bin die Marke, die Leute wollen zu mir»: Der Zuchwiler Cheyne Hofer erreicht mit seinen Haarschnitten auf Tiktok ein Millionenpublikum

Der 26-jährige Friseur startet in den sozialen Medien gerade richtig durch. Sogar aus Deutschland kommen Kunden zu ihm nach Zuchwil. Im Gespräch erklärt Hofer sein Erfolgsrezept und wie er mit dem Druck umgeht, für den Algorithmus ständig neue Inhalte produzieren zu müssen.

12. August 2023

Bilder: Hanspeter Bärtschi

«Yo Bro, was mache mer?» Mit diesem kurzen Satz beginnen die Videos auf dem Tiktok-Kanal von Cheyne Hofer. Unter seinem Pseudonym «wizdomblendz» veröffentlich er dort praktisch täglich ein 30-sekündiges Video, in dem er Haare schneidet. Das besondere daran: Fast alle davon gehen viral. Sie zeigen teils verrückte Frisuren mit Namen wie «Edgar», «Low Taper» oder «Burst Fade».

Tiktoks mit weniger als einer Million Views sind dabei die Ausnahme. Auf der Plattform hat er über 250’000 Follower, auf Instagram sind es ebenfalls schon 80’000. Auch dort werden sie extrem gut geklickt. Kürzlich veröffentlichte er eine Analyse zu seinem Instagram-Profil. Die Zahlen: 60 Millionen Video-Aufrufe, 4 Millionen Likes und 60’000 Kommentare alleine in den letzten 2 Monaten.

@wizdomblendz

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♬ Originalton – wizdomblendz

Alle fünf Minuten eine Nachricht

Sein Erfolg in den sozialen Medien blieb auch von den klassischen Medien nicht unentdeckt: Schon «20 Minuten» oder Tele M1 haben über ihn berichtet. Am Tag des Gesprächs mit dieser Zeitung hat sich für später sogar ein Filmteam des deutschen Fernsehsenders Pro7 angekündigt.

«Ich bekomme etwa alle fünf Minuten eine Terminanfrage via Instagram. Ich kann schon lange nicht mehr alle beantworten», sagt er mit einem entschuldigenden Schulterzucken. Einige Kunden aus Deutschland fahren sogar bis zu acht Stunden für einen Termin bei ihm. Mittlerweile erhält er auch erste Anfragen von Unternehmen, die dank seiner Social-Media-Reichweite mit ihm zusammenarbeiten wollen.

Darum sind seine Tiktoks so erfolgreich

Der 26-jährige Cheyne Hofer aus Grenchen ist also gerade der Mann der Stunde. Wer aber denkt, dass er diesen plötzlichen Hype dem Zufall zu verdanken habe, liegt falsch. «Das ist alles hart erarbeitet», erklärt er. «Seit etwa zwei Jahren produziere ich regelmässig Videos. Für ein 30-Sekunden-Tiktok brauche ich etwa drei Stunden Zeit.» 1,5 Stunden für den Haarschnitt, 1,5 Stunden für den Videoschnitt. Sein Arbeitsplatz erinnert mehr an ein professionelles Fotostudio als an einen Barber-Shop.

Neben den teils ausgefallenen Frisuren, die oft für erregte Kommentare sorgen, ist für den Erfolg auf der Video-Plattform vor allem eines entscheidend: die erste Sekunde. «Wenn die nicht perfekt sitzt, scrollen die Leute einfach weiter und sind weg», so Hofer.

Mittlerweile wisse er, worauf es da ankomme: «Man muss gleich am Anfang die Ausgangsfrisur des Kunden sehen. Je länger und wilder die Haare, desto besser.» So könnten die Zuschauer nämlich davon ausgehen, dass die Veränderung nach dem Haarschnitt besonders gross ist und würden länger auf dem Video bleiben. Und je länger die Watchtime pro Video, desto besser für den Algorithmus. Dieser stuft Hofers Videos dann als relevanter ein und lässt sie so auf noch mehr Geräten anzeigen.

Wegen des ständigen Drucks, immer wieder neue Inhalte für die Plattform und den Algorithmus zu kreieren, hat Hofer praktisch keine Freizeit mehr. Seine Freundin, die ihn sonst sehr darin unterstütze, habe ihm auch schon zu verstehen gegeben, wenn er es manchmal übertreibe. Mit dem ganzen Stress kann er aber gut umgehen, wie er sagt: «Dieser Beruf ist meine absolute Leidenschaft und ich bin gerade in einem richtigen Flow. Ich nehme das Ganze deshalb nicht so richtig als Stress wahr.»

Er hat sich zur Marke gemacht

Auf die Frage, warum so viele Leute teilweise sogar aus dem Ausland zu ihm kommen wollen, sagt er selbstbewusst: «Meine Kunden sind äusserst qualitätsbewusst. Sie wollen unbedingt eine Erfahrung machen – die Erfahrung, bei mir die Haare zu schneiden.»

Dieses Gefühl sei vergleichbar mit dem Kauf einer Gucci-Tasche: «Man kauft sich die Tasche ja nicht unbedingt, weil es die beste ist. Man kauft sie, weil man die Marke kaufen möchte. Und ich bin die Marke. Die Leute wollen zu mir.» Er fügt aber auch gleich an: «Tiktok und Instagram sind nicht die Realität. 80 Prozent meiner Kunden sind Stammkunden hier aus der Region.»

Aktuell arbeitet Hofer noch als Angestellter bei Kubis Hair Gallery an der Zuchwiler Hauptstrasse, direkt neben einer Migros-Filiale. Lange dürfte das nicht mehr so bleiben: «Ich möchte schon bald einen eigenen Salon eröffnen. Mit fehlt aber noch das Geld dazu», sagt er. Er hofft, dass es in einem halben Jahr schon so weit sein könnte.

Wenn Cheyne Hofers Höhenflug so weitergeht, werden möglicherweise bald auch einige Promis auf ihn aufmerksam. «Ich würde gerne einmal die Haare von Deutsch-Rapper Luciano schneiden», sagt Hofer zur Frage nach seinem Wunschkunden. «Der wäre noch realistisch.» Roger Federer dagegen sei «eher nicht so sein Style». Die Millionen-Marke auf Tiktok würde er mit ihm aber locker sprengen.

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