«Das jagt den Schnupf bis ins Kleinhirn»: Roger Bürgy baut zu Hause Schnupftabakmaschinen – und feuert dann mit der Kanone drauf

Früher hat der Schreiner aus Deitingen mit Parkettböden sein Geld verdient. Jetzt tüftelt Roger Bürgy an verrückten Schnupftabakmaschinen. Dafür greift er auch zu Mausefallen und Frauenfürzen. Ein Besuch in seiner Werkstatt.

22. Juli 2023

Bilder: Hanspeter Bärtschi

Schnupftabakmaschinen. Wenn Sie, liebe Leserin, lieber Leser, sich jetzt gefragt haben, was das sein soll, dann lesen Sie hier sowieso weiter. Falls sie mit Schnupf, Tabak und Maschinen nichts anfangen können, bleiben Sie trotzdem ein paar Minuten hier. Denn so oder so, unterhaltsam wird es auf jeden Fall. Kommen Sie mit und geniessen Sie einen exklusiven Einblick in die Werkstatt eines Tüftlers, dessen Meisterkonstruktion Sie mit Garantie verblüffen wird.

Doch von vorne: Betritt man die Werkstatt, so fällt zuerst auf, dass hier nichts Besonderes auffällt. Im Eingang steht eine grosse Werkbank, daneben eine Bandsäge. Hier eine Schleifmaschine, da eine Tischkreissäge. Dazwischen überall Feilen, Hämmer, Zangen, Klemmen, Pinsel und Schraubenzieher.

Wir befinden uns im Reich von Roger Bürgy. Im Deitinger Schachen, unweit der Autobahnraststätte mit dem Cindy’s Diner, steht die Werkstatt, daneben sein Haus. Hier wohnt und werkt der Schreiner schon sein ganzes Leben lang. Der 69-Jährige ist zwar mittlerweile pensioniert, aber noch lange nicht im Ruhestand.

Vom Modellschreiner zum Schnupfschiesser

Schliesslich steht er nach wie vor fast täglich in seiner Werkstatt. Sein ganzes Berufsleben hat er hier verbracht. Schon als junger Mann, kurz nach seiner Lehre als Modellschreiner, habe er sich selbstständig gemacht. Anfangs seien es hauptsächlich Täfer-Arbeiten gewesen. «Irgendwann kam das aber aus der Mode und ich habe mit auf Parkett spezialisiert», so Bürgy.

Vor etwa drei Jahren habe er dann aber sein Parkettgeschäft weiterverkauft, zumindest bis auf die Werkstatt neben seinem Haus. Er hätte zwar gerne noch länger offiziell gearbeitet, sagt Bürgy. Aber: «Die Hüfte macht nicht mehr ganz mit.» Zudem sei er froh, dass er den täglichen Auftragsdruck nicht mehr habe.

Also macht er jetzt das, was er am besten kann. Er baut Dinge zusammen. Zum Beispiel Schäferwagen. Oder Erdnüsslispender. Oder eine mobile Sauna. Oder, Sie ahnen es, Schnupftabakmaschinen. Die kleinen Geräte sind das grosse Highlight und der Grund für den Besuch in seiner Werkstatt.

Erfunden hat Bürgy das System der Schnupfmaschine nicht selbst. Schon vor etwa 40 Jahren habe ihm jemand eine solche Konstruktion gezeigt. «Da dachte ich mir, dass kann ich auch selbst und habe sie einfach nachgebaut», sagt Bürgy. Kein Problem für den Schreiner.

Einfaches System, explosive Wirkung

Die erste von Bürgy gebaute Schnupfmaschine.

Die Funktionsweise ist simpel, aber effektiv. Erst wird die Maschine, die locker in eine Hand passt, «scharf» gestellt. Dazu muss ein mit einer Feder verbundenes Holzstück angespannt werden. Ein zweites Holzstück, der «Abzug», fixiert es. Dann kann der Schnupf häufchenweise in zwei dafür vorgesehene Einbuchtungen auf ein federndes Holzteil gelegt werden. Ein Mini-Spiegel hilft dem Schützen, seine Nase in die Richtige Position zu bringen.

Der Ablauf: Abzug betätigen, Holzstück knallt runter, Schnupf knallt hoch, die Augen, die tränen. Und Bürgy voller Stolz:

«Das jagt den Schnupf bis ins Kleinhirn.»

Vorbei sind die Zeiten von aggressivem Nasehochziehen. Man muss nur leicht einatmen und den Abzug auslösen. Den Rest erledigt die Maschine.

Von der Pistole zur Kanone

Wie eingangs versprochen, ist es nicht bei dieser simplen Konstruktion geblieben. Über die Jahre hat Roger Bürgy immer ausgefallenere Schnupftabakmaschinen gebaut. Dabei gehe es ihm gar nicht mal um das Schnupfen an sich. «Ich habe einfach Spass daran, solche Dinge auszutüfteln, zu verbessern und zu perfektionieren», erklärt Bürgy.

Entstanden ist dabei etwa die Schnupfpistole.

Das Prinzip ist praktisch das gleiche: Feder runterdrücken, Schnupf platzieren, Nase drüber, Abzug drücken. Neben dem ansprechenderen Design bietet die Pistole zwei weitere Vorzüge: Erstens kann man die Nase hier direkt auf ein dafür vorgesehenes Holzplättli legen. So hat man die ideale Distanz zum Schnupf und mühsames ausrichten mit dem Spiegel entfällt. Zweitens hat Bürgy hier eine kleine Bürste angehängt, mit der man sich hinterher die Nase abwischen kann.

Die Schnupfpistole ist parat: Roger Bürgy, passionierter Schreiner.

Getreu dem Motto «Geteilter Schnupf ist doppelte Freude» hat Bürgy auch ein Schnupfgewehr entwickelt.

Es funktioniert wie die Pistole, mit dem Unterschied, dass hier gleich zwei Kleinhirne gekitzelt werden.

Bei seinen Konstruktionen macht Bürgy keine Gefangenen. Er experimentierte sogar mit Mausefallen. Die hat er so umgebaut, dass sie jetzt keine Nager mehr fangen können, sondern die Sprengwirkung der Schnupfmaschinen noch verstärken.

Die umgebaute Mausefalle an Bürgys Schnupfmaschine.

Sein «Opus magnum»: Die Kanonenschnupfmaschine

All diese Verbesserungen haben Bürgy schliesslich zu einem bestimmten Punkt geführt: «Ich dachte mir, es wäre gut, auch eine Maschine zu haben, wo vier Leute gleichzeitig einen Schnupf nehmen können.» Entstanden ist dabei eine tollkühne Konstruktion, deren Funktionsweise schon in mancher Beiz zum sprichwörtlichen Knaller geworden sei.

Auf einem zusammenklappbaren Tisch sind vier Mausefallen platziert, die jeweils für die Schnupfverteilung sorgen. Ausgelöst werden sie aber nicht durch einen Abzug, sondern mit einem Kanonenschuss.

Ja, richtig gelesen: Bürgy feuert mit einer Kanone, ausgelöst durch einen Frauenfurz, auf eine Zielscheibe. Wird sie von der 5 Millimeter grossen Kugel getroffen, klappt sie nach unten und löst eine Schnur, die wiederum vier kleine Hämmerchen im Zentrum der Apparatur nach unten knallen lässt. Das löst die Mausefallen aus und die lassen schliesslich den Tabak in die Nasen schiessen.

Im Video führt der Erfinder seine Konstruktion gleich selbst vor.

Roger Bürgy führt seine Kanonen-Schnupftabakmaschine vor. Video: Adrian Kamber
Die Kanonenschnupfmaschine ist mobil und lässt sich schnell einpacken.

Da kann Tinguely nicht mithalten

Je mehr Bürgy von seinen kreativen Konstruktionen zeigt, desto mehr verstärkt sich auch der Eindruck: Roger Bürgy ist nicht bloss ein Schreiner, er ist ein Künstler. «Auf keinen Fall», winkt Bürgy gleich ab. «Ich bin eher ein Macher. Ein Entwickler oder Bastler. Aber sicher kein Künstler.»

Nun ja. Eine riesige, bewegliche Metallkonstruktion wie von Jean Tinguely steht in seiner Werkstatt vielleicht nicht rum. Aber konnte der Künstler je von sich behaupten, eine Maschine gebaut zu haben, die mit einem Kanonenschuss vier Schnupfenden den Tabak gleichzeitig so schnell die Nase hochjagt, dass sich die Hirnzellen neu sortieren? Eben.

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