Jahrzehntelang – und bis zu ihrer Pensionierung war die «Waadtländerhalle» das Restaurant von Rita Ledermann. Im Dezember eröffnete nun der neue Gastgeber, Kayhan Sabo. Der «Terminus»-Gründer ist bereits mit dem Betrieb zufrieden – trotz fehlender Küche.
19. Januar 2023
Bilder: Bruno Kissling
«Das ist mein letztes Baby», sagt Kayhan Sabo, der neue Gastgeber in der «Waadtländerhalle». «Wissen Sie, ich hab’ hier nicht viel verändert. Nur neu gestrichen und dekoriert. Und etwas bequemere Stühle. Die Wände, der Boden, alles noch dasselbe.» Seit dem 2. Dezember führt er die «Waadtländerhalle». Und der 57-Jährige ist mit den ersten Betriebswochen sehr zufrieden: «Es ist direkt gut angelaufen, wir haben hier was Schönes draus gemacht und trotzdem die Tradition beibehalten.»
Ja, die Tradition. Nicht gerade unwichtig für das vor allem in der Fasnachtszeit hochfrequentierte Lokal. Während dieser Zeit spricht man hier nämlich nicht mehr von der «Waadtländerhalle», sondern vom «Tiger». In der Fasnachtswoche und schon davor finden hier traditionell zahlreiche Anlässe verschiedener Cliquen statt, und das Lokal ist fast rund um die Uhr mit Fasnächtlerinnen und Fasnächtlern gefüllt.
Eine Tradition, die man nach der Pensionierung der langjährigen Wirtin Rita Ledermann nicht aufgeben wollte. «Die einzige Bedingung der Hausbesitzer war, dass man diese Fasnachtstradition hier im Restaurant weiterführt», erzählt Sabo. «Das war für mich auch selbstverständlich. Schliesslich gehören die Fasnacht und der ‹Tiger› einfach zusammen.»
«Traditionelles mit Modernem verbinden»
Der Vollblutgastronom hat das Restaurant nach seiner Übernahme im September nun also «leicht renoviert». Neu bietet es drinnen 40 Sitzplätze, etwas weniger als früher. Er wollte ein Konzept, das stimmt und in dem man sich wohlfühlt. Sein Ziel: «Ich will hier Traditionelles mit Modernem verbinden.» An der Inneneinrichtung zeigt sich dies bereits.
Aber wie sieht es mit der neuen Menukarte aus? Fällt die genauso exotisch aus wie beim «Terminus»? Schliesslich hat Sabo dieses vor 25 Jahren gegründet und bis 2019 geführt. «Nein, hier geht’s urchiger zu. Aktuell gibt’s etwa Pastetli, Waadtländer Saucisson oder einen hauseigenen Wurst-Käse-Salat. Aber alles mit einem modernen Kniff und etwas anders angerichtet.»
Vorerst liegt noch nicht viel mehr drin. Genauer gesagt, gibt die Küche nicht mehr her. «Man kann schon von Startschwierigkeiten sprechen. Schliesslich warte ich jetzt seit Monaten auf die neue Küche», so Sabo. «Der Liefertermin war ursprünglich im Oktober. Jetzt heisst es wegen Lieferschwierigkeiten Ende Januar.» Und weiter: «Dabei hatte ich schon Teile der alten Küche rausgerissen. Jetzt muss ich die benötigte Ausrüstung vorübergehend mieten.»

Das Warten auf die neue Küche sollte sich aber lohnen. Schliesslich stammt sie von einem Küchenbauer, den ihm Fernsehkoch René Schudel empfohlen hat. «Sobald sie da ist, werden wir uns natürlich auch der Rösti widmen. Ritas Rösti war immer hervorragend. Ich und mein Koch werden so lange tüfteln, bis wir unsere Rösti auch auf diesem Niveau anbieten können.»
Viele Stammgäste sind wieder zurück
Lokal und Karte verbinden also wie versprochen Traditionelles mit Neuem. Wie sieht es mit den Gästen aus? Gilt diese Mischung auch fürs Publikum? Schliesslich gab es im «Tiger» unzählige Stammgäste, die auch für einen Jass einkehrten, wenn nicht gerade die «fünfte Jahreszeit» herrschte.
«Mein Leben lang bin ich jetzt schon Gastronom und habe etwa durch das ‹Terminus› ein grosses Netzwerk an Gästen, die ich persönlich kenne. Während der ersten paar Tage und Wochen konnte ich auf sie zählen und etwas experimentieren. Mittlerweile ist aber fast ein Drittel der Gäste neu für mich. Soll heissen, es sind Stammgäste der vorigen ‹Waadtländerhalle›, die jetzt wiederkommen», erzählt Sabo.
«Und es gefällt ihnen. Ich habe noch keinerlei negative Rückmeldungen erhalten.» Erst gestern sei gerade wieder eine Vierergruppe hier gewesen, die bei einem Bierli den ganzen Abend gejasst hätte. «Natürlich ist das auch bei mir wieder möglich.»

Fasnacht wird zur Hauptprobe
Apropos wieder möglich: Die Fasnacht steht bald wieder an. Ein erster Test für Sabo war der «Hilari-Event» vom vergangenen Wochenende. «Ich habe draussen ein Zelt aufgestellt, wo man etwas trinken konnte. Und auch das Lokal war voll besetzt», sagt der Wirt.
«Die grosse Hauptprobe für mich wird die bevorstehende Fasnachtswoche. Ich habe noch zwei, drei Sitzungen mit den Zunftmeistern, um den Rest zu planen. Wir werden draussen wieder das Zelt aufstellen, und es wird sicher wieder ein Fasnachtsmenu geben.» Drei Abende seien jetzt schon ausgebucht.

«Ich habe nochmals Energie gehabt»
Abschliessend erklärt Sabo, weshalb er mit seinen 57 Jahren noch einmal einen Gastrobetrieb eröffnet: «Ich habe einfach nochmals Energie gehabt.» Seit dem Verkauf des «Terminus» 2019 hat er verschiedene Dinge ausprobiert. Zuletzt wollte er sich eigentlich selbstständig machen als Restauranteinrichter.
Als er aber die Anzeige der «Waadtländerhalle» gesehen habe, besuchte er das Restaurant im März vergangenen Jahres. «Ich war 27 Jahre lang nicht mehr in dem Lokal. Ich habe mich sofort in den ‹Tiger› verliebt und wusste, das ist’s.» Seither darf er auch auf die Hilfe seiner Familie und Freunde zählen, die ihm bei verschiedenen Dingen zur Hand gehen. Seine Mutter etwa ist zuständig für das Brot und macht diverse Vorspeisen selber.
Im Kern besteht das Restaurantteam aber nur aus Kayhan Sabo und seinem Koch. Aus diesem Grund kann er aktuell auch nur einen Betrieb von Dienstag bis Samstag sicherstellen. Er bietet dabei Abendessen und ab 17 Uhr Apéros an. Für Mittagsmenus reichen die Kapazitäten noch nicht. «Aber ich habe schon vor, das zu einem späteren Zeitpunkt einzuführen.»
