Boris Allemann ist sich sicher, dass die Kantonsstrasse zwischen Derendingen und Biberist zu gefährlich ist – insbesondere für Schulkinder. Er fordert deshalb Massnahmen. Der Kanton will den Hinweisen nachgehen.
28. April 2023
Bilder: Hanspeter Bärtschi
Immer wieder kommt es an der Biberiststrasse in Derendingen zu gefährlichen Situationen. Etwa wenn sich dort auf der zu schmalen Strasse zwei Lastwagen mit Anhänger kreuzen. Dann kann es passieren, dass sie auf das Trottoir ausweichen müssen, wo sich gerade Personen befinden. Gefährlich wird es auch, weil mit zu hoher Geschwindigkeit durch die Kurven gefahren wird. Es ist deswegen auch schon zu Unfällen gekommen.
So zumindest wird die Situation auf der Biberiststrasse in einer Online-Petition auf petitio.ch geschildert. Mittlerweile fordern über 130 Unterzeichnende, dass sich daran schnellstmöglich etwas ändert. Bei der Strasse handelt es sich um die Verbindung zwischen Derendingen und Biberist, die auch an der Papieri vorbeiführt. Die 50er-Strecke verläuft in Derendingen durch ein Wohnquartier.
Alle sechs Stunden kracht’s im Kanton
Unfälle und überhöhte Geschwindigkeit also. Tatsache ist, dass 2022 die Verkehrsunfälle im Kanton Solothurn gegenüber 2021 um ganze sechs Prozent zugenommen haben. 1458 Unfälle wurden im vergangenen Jahr von der Polizei rapportiert, wie aus der kürzlich veröffentlichten Verkehrsstatistik hervorgeht. Im Schnitt hat es demnach alle sechs Stunden gekracht. Geschwindigkeitsübertretungen wurden über 212’000 registriert. Die Übertretungsquote hat im Vergleich zu 2021 um 7,5 Prozent zugenommen.
So weit ein paar Zahlen aus dem Solothurner Verkehrsgeschehen. Doch was kann man über die Biberiststrasse sagen? Kommt es dort öfter zu Unfällen oder Geschwindigkeitsübertretungen als anderswo? Und ist die Strasse tatsächlich so gefährlich, wie es in der Petition der Anschein macht?
Anwohnerschaft ist sich einig
Boris Allemann ist klar dieser Ansicht. Seit fast 40 Jahren wohnt er an der Strasse, direkt in der Kurve ausgangs Derendingen. Weil er findet, dass man endlich etwas machen müsse, hat er vor ein paar Wochen besagte Petition gestartet. «Ich habe schon öfter beobachtet, wie Lastwagen und Busse fast eine Vollbremsung machen, wenn sie sich in dieser Kurve kreuzen. Oder dass sie eben auf das Trottoir ausweichen, weil die Strasse zu eng ist», schildert Allemann seine Erfahrungen.

«Die teilweise grossen Kurvenradien verleiten zu überhöhter Geschwindigkeit, was die Strasse gefährlicher macht», so Allemann. Schliesslich sei die Kantonsstrasse auch der Schulweg vieler Kinder. Allemann, soeben Vater geworden, sorgt sich nicht zuletzt um die Sicherheit seines Sohnes auf dessen künftigem Schulweg.
Verschiedene Lösungsvorschläge
Auch Daniela Hari, die in unmittelbarer Nähe von Allemann wohnt, pflichtet ihm bei: «Das grösste Problem ist sicher der Schwerverkehr. Immer wieder befinden sich Lastwagen mit einem Reifen auf dem Trottoir», so die Mutter zweier schulpflichtiger Kinder. Obwohl sie es eigentlich nicht gerne mache, sei sie ein «Taxi-Mami». «Ich kann meine Kinder nicht guten Gewissens auf dem Trottoir zur Schule laufen lassen.»
Eine weitere Anwohnerin bezeichnet insbesondere die Kurve ausgangs Derendingen als «ziemlich mörderisch». Sie schildert, sie habe selbst schon «viele brenzlige Situationen erlebt», bei denen es aber nur mit Glück nie zu einem Unfall gekommen sei. «Es wird auch ständig gehupt, weil es dort beim Kreuzen oft eng wird.»
Petitionär Allemann und die beiden Anwohnerinnen schlagen unabhängig voneinander mehrere Lösungen vor, die der Kanton ins Auge fassen sollte. Zum einen wird natürlich Tempo 30 erwähnt. Auch Bremsschwellen und weitere Fussgängerstreifen seien vorstellbar. Eine ausgezogene Linie könnte gefährliche Überholmanöver verhindern. Und: Limiten oder eine Umleitung des Schwerverkehrs. Der sei ja das Hauptproblem.
Das sagt die Polizei zur Strasse
Ist die Biberiststrasse denn tatsächlich so gefährlich, wie sie die Anwohnerschaft schildert? Ein Blick in die Unfalldatenkarte des Bundesamts für Strassen zeigt: In den letzten zehn Jahren gab es auf der Strasse «nur» vier Unfälle mit Leichtverletzten. Das bestätigt auch die Kantonspolizei. Sie hat dort seit 2013 neun Unfälle registriert. Bei den anderen fünf gab es demnach keine Verletzten.
Die Kantonspolizei schreibt: «Aus polizeilicher Sicht fällt die Biberiststrasse nicht als kritisch oder gefährlich auf. Es gibt in Bezug auf Verkehrsunfälle oder sonstige Widerhandlungen gegen das Strassenverkehrsgesetz keine Häufungen.» Zudem würde die Polizei die Einhaltung der Geschwindigkeitslimiten dort regelmässig überprüfen. Dabei würden die Übertretungsquoten der Kontrollen keine Auffälligkeiten zeigen.

Politikum Fussgängerstreifen
Unter anderem wünschen sich die Petitions-Unterzeichnenden wie erwähnt mehr Fussgängerstreifen. Darauf angesprochen verweist Roman Angermann, Fachverantwortlicher Verkehrssicherheit beim Amt für Verkehr und Tiefbau, auf die Kantonsregierung. Diese hielt kürzlich in einem Regierungsratsbeschluss zum Thema Fussgängerstreifen auf Kantonsstrassen fest, dass diese «oftmals ein falsches Sicherheitsgefühl» vermitteln würden. Zudem handle es sich dabei lediglich um eine Markierung, die keinerlei physischen Schutz biete, selbst wenn alle Sicherheitskriterien erfüllt seien.
Statt mehr Fussgängerstreifen gibt es auf der Biberiststrasse seit neustem sogar weniger. Wie es der Zufall will, wurde dort vor kurzem (17. April) in Zusammenarbeit mit der Gemeinde Derendingen ein Fussgängerstreifen entfernt – weil die Mindestanforderungen an die Sicherheit nicht gegeben waren. In den letzten zwei Jahren wurden aus diesem Grund übrigens insgesamt 15 Fussgängerstreifen auf Kantonsstrassen aufgehoben.
Man will Hinweisen «gewissenhaft nachgehen»
Von den Massnahmen, die den Petitions-Unterzeichnenden vorschweben, sind aktuell keine fest eingeplant. Dennoch befasst sich der Kanton mit der Strasse. Laut Peter Portmann, dem für dieses Gebiet zuständigen Projektmanagementleiter im Amt für Verkehr und Tiefbau, soll bei der Verzweigung Biberist-/Hauptstrasse nächstes Jahr ein Kreisel gebaut werden. Dieser würde nicht zuletzt in puncto Sicherheit und Verkehrsfluss eine Verbesserung darstellen.
Ab 2026 wird gemäss Portmann zudem ein Belagssanierungsprojekt für die Biberiststrasse geplant. Im Zuge dessen würden auch allfällige Sicherheitsdefizite überprüft und ein lärmdämmender Belag eingebaut.
Auf den Punkt gebracht heisst das: Der Kanton hat die Strasse nicht als gefährlichen Hotspot auf dem Radar. Roman Angermann betont aber: «Wir nehmen die Anliegen aus der Bevölkerung sehr ernst und erhalten so oft wertvolle Hinweise. Wir gehen auch den Hinweisen in Bezug auf die Biberiststrasse gewissenhaft nach.» Worte, die die Petitionsunterzeichnenden gerne hören werden. Die Petition läuft noch bis am 29. April.