Der Solothurner Unternehmer Felix Kunz steckt Millionen in sein Computermuseum Enter. Ein Gespräch über seine Anfänge als Bastler in den 70er-Jahren, seltene Sammlerstücke und die neue Technikwelt in Derendingen.
14. Mai 2023
Bilder: José R. Martinez
Felix Kunz, sind sie ein Nerd?
Felix Kunz: Nein, definitiv nicht. Ich sehe mich eher als Unternehmer.
Sie haben eine riesige Elektroniksammlung. Als 16-Jähriger haben Sie Ihren ersten Computer zusammengebaut. Haben Sie den heute noch?
Ja, der ist auch im Museum zu sehen. Ein 8-Bit-Computer von 1976. Daran ist von Grund auf alles selbst gemacht, jede Lötstelle und jede Verdrahtung.
Woher hatten Sie das Know-How dafür?
Es gab damals die amerikanische Zeitschrift «Byte», ein Fachmagazin für Computer. Die haben regelmässig Aufbauschemas von Computern veröffentlicht. Die Firma Intel hatte zum Beispiel ein Interesse daran, dass ihre Chips in Umlauf kommen und bei Ingenieuren Anklang finden. Und das hat es bei mir offensichtlich.
Wie viele Computer haben sie in Ihrem Leben schon gebaut?
Im Rahmen meiner Firma Digital Logic AG habe ich fast alle Produkte selber entwickelt, inklusive Schemas zeichnen und Leitplatten konstruieren. Das waren sicher über 100 Grunddesigns.
Eine stolze Zahl.
Mit grossen Zahlen bin ich vorsichtig, aber es könnten sogar an die 200 sein. Ich habe ja schon als Student Computer zusammengebaut und verkauft.
Wie konnte man als Student in den 70er-Jahren Geld damit verdienen?
Nun, damals gab es noch keine Computer in den Läden. Ich habe Computer mit einem Betriebssystem gebaut, die bereits mit Textverarbeitungsprogrammen und einer Tabellenkalkulationssoftware ausgestattet waren. Die habe ich verkauft.
An wen?
Das waren Private oder Geschäfte, die damals einsteigen wollten. Sie interessierten sich für die Materie, konnten die Hardware aber nicht selbst herstellen.
Wie lief das damals ab?
Ziemlich Wild-West-mässig. Die Computer mussten einzeln von Hand hergestellt werden. Das hatte auch seinen Preis. Ich konnte die Einheiten für mindestens 15’000 Franken verkaufen. Die hatten eine Speicherkapazität von 64 Kilobyte. Es war damals das höchste der Gefühle, wenn ich so einen verkaufen konnte.
Wie viele Arbeitsstunden benötigte der Zusammenbau für so einen Computer?
Viele. Sehr viele. Hunderte. Ich habe Tag und Nacht an dem Zeug gearbeitet und war nur nebenbei noch Student. Ich weiss heute noch genau, wo ich beim Zusammenbau gesessen bin und welche Musik ich dabei gehört habe. Es war eine intensive Zeit, bis man dem Computer zum ersten Mal ein «Hello» auf dem Bildschirm entlocken konnte.
Sie erinnern mich an die beiden Apple-Gründer Steve Wozniak und Steve Jobs. Wozniak war der begeisterte Erfinder und Jobs der knallharte Geschäftsmann. Sie sind sozusagen die Solothurner Mischung daraus.
(Lacht.) So weit würde ich nicht gehen, das wäre doch etwas überheblich. In Amerika waren schliesslich andere Millionenbeträge im Spiel. Aber ja, ich habe alles von Null aufgebaut und von niemandem ein Startkapital erhalten.
Wenn wir gerade beim Geld sind: Sie haben weltweit rund 20 Firmen gegründet und konnten einige davon dann weiterverkaufen. Das bisherige Museum Enter haben Sie zum grössten Teil selbst finanziert und auch an der neuen Technikwelt in Derendingen sind Sie als Mäzen beteiligt. Wie viel Geld haben Sie bisher in Ihr Museum gesteckt?
Insgesamt ist das sicher ein höherer Millionenbetrag.
Die neue Technikwelt Enter soll an die 20 Millionen Franken kosten. Finanzieren Sie das alles selbst?
Nein, die Finanzierung setzt sich aus vier Pfeilern zusammen. Erstens wäre da das Geld aus der Enteignung von unserem Standort am Bahnhof. Zweitens gibt es externe Gönner, die Lotteriefonds, Sponsoren und Förderstiftungen. Drittens sind es Mäzene, unter anderem ich selbst. Und viertens ist es auch ein Bankkredit. Das bezieht sich aber nur auf die Bau- und Ausstellungsinstallationskosten.

Was ist mit den Betriebskosten für das Museum?
Wie bei vielen Museen werden die Ticketeinnahmen etwa 50 bis 60 Prozent davon decken können. Der Rest stammt aus den Einnahmen aus dem Rahmenprogramm und der Vermietung von Gewerbeflächen. Unser Ziel ist es, dass das Museum selbsttragend wird – und wir nicht der Gemeinnützigkeit und der Politik zur Last fallen. Deshalb bietet die Technikwelt auch Platz für Firmen, die sich dort unabhängig einmieten können.
Die neue Technikwelt wird eine Fläche von rund 10’000 Quadratmetern aufweisen. Sie ist damit etwa fünfmal so gross wie das bisherige Museum. Was erwartet die Besucherinnen und Besucher dort?
Das Museum wird nur ein Teil der neuen Technikwelt sein. Das Angebot wird viel umfassender. Einerseits wird es neu eine grosse Eventfläche, ein Auditorium, einen professionellen Gastrobereich und Schulungsräume geben. Andererseits ist auch die Ausstellungsfläche viel grösser. Zudem haben wir die Sammlung des Gutenbergmuseums aus Freiburg übernommen und können so eine Ausstellung über die Erfindung des Buchdrucks zeigen. Und es wird eine Fahrzeugausstellung und eine Gaming-Zone geben.
Kürzlich sagte Museumsleiterin Violetta Vitacca dieser Zeitung, man möchte eines der Top-30-Museen in der Schweiz werden. Werden sie also zur Konkurrenz für das Verkehrshaus oder das Technorama?
Nein, Konkurrenten sind diese beiden nicht. Wir kennen diese Institutionen gut und wissen, dass sich unser Angebot inhaltlich nicht mit ihrem überlappt. Was alte Radios oder Telefone betrifft, gibt es maximal eine kleine Überschneidung mit dem Museum für Kommunikation in Bern. Als umfassendes Technikgeschichtsmuseum werden wir in dieser Dimension aber sicher einzigartig in Schweiz sein. Für den Anfang streben wir eine Besucherzahl von 40’000 Eintritten pro Jahr an.
Kommen wir zum Schluss noch auf die riesige Sammlung von etwa 10’000 Exponaten zu sprechen. Gibt es ein Gerät, dass Sie unbedingt in Ihrer Sammlung haben möchten, aber noch immer vermissen?
Mittlerweile konnte ich praktisch alle Lücken schliessen. Ein Beispiel habe ich aber tatsächlich: Die deutsche Chiffriermaschine aus dem zweiten Weltkrieg, die Enigma, habe ich über zehn Jahre lang erfolglos gesucht. Bis ich auf einen Sammler stiess, der auch bereit dazu war, sie zu verkaufen. Jetzt habe ich sogar zwei davon.